ÝKÝ AYLIK TÜRKÇE GAZETE
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(Initiative zur Förderung von Sprache und Bildung e.V.)
ISSN 2194-2668


Die Gaste, Ausgabe 28 / August-Oktober 2013

Willkommenskultur statt Ausgrenzung
[Dýþlama Yerine Hoþgeldin Kültürü]


Jürgen TRÝTTÝN
(Die Grünen)

Jürgen TRÝTTÝN




Wir Grüne sehen Zuwanderung und Integration als Chance und Bereicherung für unsere Gesellschaft. Wir sind uns sicher, dass von einer vielfältigen Gesellschaft alle profitieren, weil wir voneinander und miteinander lernen - angefangen in der Kita über die Schule und Universität, über den Arbeitsplatz und die Nachbarschaft bis zum Verein. Unser Anliegen ist, dass alle hier lebenden Menschen, egal welcher Herkunft, sich hier zuhause fühlen und an der Gesellschaft teilhaben. Wir wollen eine Willkommenskultur etablieren – das unterscheidet uns von der Bundesregierung, deren Integrationspolitik von Skepsis, Vorurteilen und Unterstellungen gegenüber Migrantinnen und Migranten geprägt ist. Zwar sind sie als SteuerzahlerInnen gern gesehen, die Bundesregierung hat aber nichts unternommen, um ihre Rechte zu stärken. Ganz im Gegenteil: Den Integrationsgipfel hat sie einschlafen lassen, die Islamkonferenz an die Wand gefahren. Die Einbürgerungszahlen sind im Keller und trotzdem hält die Bundesregierung fest daran, so dass sich bei uns aufgewachsene junge Menschen mit 23 Jahren zwischen der Deutschen Staatsbürgerschaft und der ihrer Vorfahren entscheiden müssen. Diesen nicht zu rechtfertigenden Optionszwang für junge Menschen verteidigt die schwarz-gelbe Regierung und insbesondere ihr CSU-Innenminister genauso hartnäckig wie die Hürden beim Ehegattennachzug und die Tatsache, dass sie Türkeistämmigen die Rechte aus dem Assoziationsabkommen Türkei/EU vorenthält.

Die Bundesregierung hat eine Integrationsverhinderungspolitik betrieben, indem sie die Mittel für die Integrationskurse gekürzt hat und die Vorschläge für ein transparentes, faires und diskriminierungsfreies Punktesystem zur Arbeitskräfteeinwanderung abgelehnt hat. Dazu passt, dass sie im Wahlkampf wieder Ressentiments gegen Einwanderung mobilisiert, aktuell gegen Roma. Die furchtbaren Verbrechen des NSU haben das Land erschüttert. Wir begleiten die Untersuchungsausschüsse im Bund und in den Ländern sowie das Gerichtsverfahren in München intensiv. Die fatalen Ermittlungen zu den NSU-Morden haben deutlich gemacht, dass ein hohes Maß an Alltagsrassismus nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in den deutschen Behörden vorhanden ist. Das hat insbesondere MigrantInnen tief verunsichert und ihr Vertrauen in die deutschen Sicherheitsstrukturen zerstört. Wir stehen an der Seite derer, die schonungslose Aufklärung wollen und dafür eintreten, dass in den Behörden und Dienststellen unseres Landes eine neue Kultur der Vielfalt einkehrt.

Alltagsrassismus, Vorurteilen und Misstrauen setzen wir unsere grünen Vorhaben zur Integration und Inklusion entgegen. Wir wollen die Rechte von MigrantInnen stärken, das gleichberechtigte Miteinander fördern und die Teilhabe aller in Deutschland lebender Menschen vorantreiben. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist für uns ein wichtiges Instrument, um dies zu erreichen. Wir setzen deshalb auf eine Einbürgerungsoffensive mit dem Ziel, dass Nicht-Deutsche schneller und leichter die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen können – und diese ihnen nicht über den Optionszwang abgenommen wird. Die „erste Generation“, die seit Jahrzehnten hier lebt, muss sich unter erleichterten Bedingungen einbürgern lassen können. Die „neuste Generation“, die hier geboren wurde und die doppelte Staatsbürgerschaft besitzt, muss beide Pässe behalten dürfen. Den diskriminierenden Optionszwang, der sie vor die Wahl zwischen deutscher Staatsbürgerschaft und der Staatsbürgerschaft ihrer Eltern stellt, werden wir abschaffen. Da 68 Prozent der Optionspflichtigen türkeistämmig sind, wird diese Gruppe besonders benachteiligt.

Seit Jahren setzen wir uns dafür ein, den Nachzug von ausländischen Ehegatten und eingetragenen LebenspartnerInnen wieder zu erleichtern. Wir sind uns sicher: Deutsch lernt man am besten im Alltag. Den verpflichtenden Sprachtest im Ausland als Vorbedingung werden wir wieder abschaffen, denn er hat sich für viele Paare als zusätzliche und oft schwer überwindbare Hürde beim Nachzug erwiesen.

Das Aufenthaltsrecht wollen wir modernisieren und zu einem echten Zuwanderungsrecht umbauen. Die Einschnitte der Regierung Merkel, u.a. beim eigenständigen Aufenthaltsrecht werden wir wieder zurücknehmen. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Menschen bei uns in Rechtssicherheit leben, ihre Grundrechte wahrnehmen können und eine Perspektive haben. Integration beginnt am Anfang des Lebens. Deshalb wollen wir, dass Kinder schon so früh wie möglich miteinander und voneinander lernen. Wir setzen uns ein für gute Kitas und Schulen, in denen alle individuell und entsprechend ihrer Stärken und Schwächen gefördert werden und in denen Sprachbildung auch die Familiensprache der Kinder einbezieht. Das Aussortieren der Kinder nach der Grundschule ist ungerecht und verbaut Zukunftschancen. Deshalb ist unser Ziel, dass Kinder länger gemeinsam lernen.

Der demographische Wandel macht sich schon heute bemerkbar und wird sich weiter verstärken. Wir wollen deshalb die Einwanderung von Arbeitskräften erleichtern, indem die Zuwanderung mit Hilfe eines breitgefächerten und transparenten Punktesystems gesteuert wird und alle eingewanderten Arbeitskräfte ihren Aufenthalt einfacher verlängern und verfestigen können. Leider ist es noch lange keine Selbstverständlichkeit, dass MigrantInnen in allen Berufssparten arbeiten und Karriere machen. Der Nachname oder die Herkunft der Eltern darf bei Einstellungsgesprächen nicht länger darüber entscheiden, ob eine Bewerbung erfolgreich ist oder nicht. Das gilt auch für staatliche Institutionen: wir setzen uns für die interkulturelle Öffnung unter anderem von Behörden und Justiz, von Schulen und Kindergärten ein. Uns ist wichtig, dass sich auch dort die gesellschaftliche Vielfalt unseres Landes abbildet.

Mit Blick auf die religiöse Vielfalt unseres Landes suchen wir nach Wegen, die rechtliche Integration und Gleichstellung des Islam in Deutschland voranzutreiben und laden alle Menschen islamischen Glaubens ein, sich in diese Debatten einzubringen.

In diesem Wahlkampf und in den kommenden vier Jahren werden wir weiter für ein multikulturelles Deutschland kämpfen - gegen Anfeindungen, Häme und falsche Vorurteile. Wir kämpfen für, aber vor allen Dingen mit den MigrantInnen für mehr Gerechtigkeit, für Anerkennung und für mehr Zusammenhalt in unserem Land.